Lernwirksamer Unterricht wird ermöglicht durch einen angemessenen Umgang mit Störungen
Unterricht ist ein höchst komplexer Lern- und Interaktionsprozess mit vielen verschiedenen Personen und Persönlichkeiten, die teilweise unterschiedliche Zielsetzungen verfolgen. Dabei können sich Lehrkräfte durch Verhaltensweisen von Schülerinnen und Schülern herausgefordert fühlen. Die grundlegende Haltung, dass das Handeln von Schülerinnen und Schüler immer einen guten Grund hat (siehe auch Web-Magazin zur Schulentwicklung bei herausforderndem Verhalten ), ermöglicht es Lehrkräften, das Verhalten nicht auf sich selbst zu beziehen und gelassener auch mit unakzeptablem Verhalten umzugehen.
Das heißt nicht, dass jedes Verhalten toleriert wird (Schiermeyer-Reichl 2024)! Vielmehr führt es zu den beiden Fragen:
Die Antworten auf diese beiden Fragen ermöglichen es, die Schülerin/den Schüler zu verstehen und ein Beziehungsangebot zu machen anstatt mit Strafen oder sonstigen Konsequenzen zu drohen. Dieses pädagogische Handeln entspricht beispielsweise auch dem Grundsatz der Neuen Autorität (nach Haim Omer), das als Konzept im Kollegium etabliert werden kann:
Neben dem Konzept der Neuen Autorität und einer präventiven, proaktiven Klassenführung (siehe Beiträge auf diesem Portal) bieten sich je nach Art der Verhaltensweisen der Schülerinnen und Schüler unterschiedliche Formen der Intervention an:
Aktive Intervention
Schülerinnen und Schüler zu ermutigen und nicht zu ermahnen, Anerkennung und Wertschätzung auch bei Lernenden mit herausforderndem Verhalten zu zeigen, ist die Basis professionellen Handelns. Dies kann durch verschiedene Kleintechniken zur aktiven Intervention erreicht werden (wobei „aktive Intervention“ hier meint, dass eine gezielte Intervention aktiv eingesetzt wird, damit eine Schülerin/ein Schüler sich auf eine bestimmte Art und Weise verhält (Bergsson / Luckfiel 2021)):
Reaktive Intervention
Trotz aller Bemühungen um eine aktive Intervention wird sich herausforderndes Verhalten bei Schülerinnen und Schülern nicht gänzlich verhindern lassen. Verschiedene Techniken und Methoden unterstützen reaktive Interventionen:
Weitere Möglichkeiten der aktiven und reaktiven Intervention finden sich im Magazin „Haltung und Handlungssicherheit“: z. B. Theaterprojekt, Notfallplan, Krisengespräch, präsente Pause.
Exkurs
In manchen Fällen stellt sich auch die Frage, ob einem besonders auffälligen Verhalten einer Schülerin/eines Schülers eine Bindungsstörung (nach ICD-11) zugrunde liegt, die sich unter anderem bei vernachlässigten oder misshandelten Kindern entwickeln kann. Hier wäre auf ein besonders feinfühliges Verhalten besonders zu achten (Ziegenhain 2024).
Bergsson, M. / Luckfiel, H. (2021): Umgang mit „schwierigen“ Kindern. Berlin: Cornelsen Verlag.
Holodynski, M. (2025): Bildungsforschung: Wir haben ein massives Problem mit Classroom Management. Abgerufen von: deutsches-schulportal.de/bildungsforschung/ [22.02.2025]
Müller, T. (2022): Kinder mit auffälligem Verhalten unterrichten. München: Ernst-Reinhardt-Verlag.
Omer, H. / Haller, R. (2019): Raus aus der Ohnmacht: Das Konzept Neue Autorität für die schulische Praxis. Göttingen: Vandenhoeck & Ruprecht.
Schiermeyer-Reichl, I. (2024): Neue Autorität in der Grundschule. Hamburg: Persen Verlag.
Rhode, R. / Meis, M. (2020): Wenn Nervensägen an unseren Nerven sägen: So lösen Sie Konflikte mit Kindern und Jugendlichen sicher und selbstbewusst. Kösel.
Rohde, R. / Meis, M.-S. (2021): Regelverstöße – stopp! Wege zum sicheren Umgang. Berlin: Cornelsen Verlag.
Ziegenhain, U. (2024): Bindung im Kindes- und Jugendalter. In: Fegert, J. / Resch, F. / Plener, P. / Kaess, M. / Döpfner, M. / Konrad, K. / Legenbauer, T. (2024): Psychiatrie und Psychotherapie des Kindes- und Jugendalters. Berlin: Springer Medizin Verlag GmbH.