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Lernwirksamer Unterricht wird ermöglicht durch eine positive Fehlerkultur

„Wer aufhört, Fehler zu machen, lernt nichts mehr dazu.“

(Theodor Fontane)

Der konstruktivistische Lernbergriff im LehrplanPLUS

Lernen geschieht, wenn man Neues ausprobiert und dabei auch Fehler macht. Im rein leistungsorientierten Schulsystem werden Fehler jedoch in Form von schlechten Noten sanktioniert, was zu einer Kultur der Fehlervermeidung und letztendlich auch zu einer angstbesetzten Lernatmosphäre führte.

Der bayerische LehrplanPLUS jedoch geht von einem konstruktivistischen Lernbegriff aus. Kompetenzen werden auf der Basis der individuellen Vorerfahrungen sowie der Wahrnehmung und der Bedeutung des jeweiligen Themas erworben. Dabei dürfen und sollen Fehler gemacht werden, die Anlässe zu Reflexion sowie Kommunikation sind und eben auch neue Lernchancen eröffnen. 

Arten von Fehlern

Die Unterscheidung von Fehlertypen dient der Erkennung passender Lernpotenziale. Bekannt ist die Klassifikation von James Reason„Error is a normal and natural part of everyday life - it is generally accepted that we will make errors daily. In fact, research suggests that we make between three to six errors every waking hour, regardless of the task being performed.“

Das Verständnis der verschiedenen Arten von Fehlern unterstützt den Aufbau einer positiven Fehlerkultur: Wenn Lehrkräfte Fehler und ihre Ursachen verstehen, können sie angemessen reagieren und so ein positives Lern-Umfeld schaffen, in dem Fehler ganz einfach ein normaler Teil des Lernprozesses sind.

1. Fehler, Verstöße (ERROR)

Error (Fehler, Verstoß): Das erwünschte (Lern)Ziel wird nicht erreicht und dafür ist kein Zufall verantwortlich. Man spricht auch von violations, von absichtlicher Regelabweichung, d. h. Schülerinnen und Schüler befolgen bestimmte Regeln und Vorgehensweisen bewusst nicht. Studien gehen davon aus, dass nur 15% der menschlichen Fehler echte errors sind.

In der Schule tauchen sie auch als sogenannte knowledge and rule based errors auf. Das sind Fehler aufgrund falscher Annahmen, weil Schülerinnen und Schülern bestimmtes Wissen einfach noch nicht haben. Oder sie gehen davon aus, dass ihr aktuelles Wissen bereits ausreicht und richtig ist. Diese Fehler haben Lernpotenzial, da sie Einsichten ermöglichen.

2. Aufmerksamkeitsfehler (SLIPS)

Slips (Aufmerksamkeitsfehler): Das sind Flüchtigkeits- oder Leichtsinnsfehler, weil man mit den Gedanken woanders ist. Wissen und Fähigkeiten sind also schon vorhanden, aber Unaufmerksamkeit, Stress oder Hektik verhindern die Fehlervermeidung. Gerade unter Zeitdruck bei schulischen Arbeiten oder bei Nervosität während des mündlichen Vortrags passieren solche Ausführungsfehler. Entspannungsübungen und Pausen sorgen für Abhilfe und Fehlervermeidung.

 

3. Gedächtnisfehler (LAPSES)

Lapses (Gedächtnisfehler): Man versteht darunter das Vergessen eines Arbeitsschrittes, also Fehler in der Speicherung einer Handlungssequenz (z. B. beim Schreiben einer bestimmten Aufsatzart, beim Lösen von Gleichungen in Mathematik). Diese Fehlerarten können durch Maßnahmen reduziert werden, die das Gedächtnis unterstützen, z. B. Checklisten/Cross-Checks, Reduzierung von Ablenkungen, ausreichend Zeit für die Ausführung. 

 

4. Planungsfehler (MISTAKES)

Mistakes (Planungsfehler): Das sind Fehler bei der Beurteilung oder Herleitung von Wegen zur Zielerreichung. Man nennt sie auch Problemlösungsfehler, bei denen falsche Handlungen oder Entscheidungen nicht zum gewünschten Ergebnis führen. Ursachen können mangelndes Prozessverständnis, unzureichende oder fehlende Vorgaben, falscher Kontext, mangelnde Erfahrung oder auch Überforderung sein. Solche Fehler kann die Lehrkraft durch Kompetenzerweiterung und klare Vorgaben reduzieren, z. B. durch adressatengerechte Arbeitsanweisungen, individualisierte Lernpläne und strukturierten Unterricht.

 

5. Denkfehler (FALLACY)

Fallacy (Denkfehler): Bei dieser Fehlerart handelt es sich um einen Fehlschluss oder Trugschluss aufgrund eines Irrtums beim Anwenden logischer Regeln, im Englischen wird dies auch als faulty reasoning bezeichnet. Die Schlussfolgerung, die jemand zieht, ist also falsch. 


Film: Positive Fehlerkultur als Grundhaltung


https://bildungsluecken.net/562-warum-schueler-nicht-aus-ihren-fehlern-lernen-koennen [04.01.2025]

https://www.akademie-lernpaedagogik.de/magazin/fehlerkultur-wer-hat-angst-vorm-roten-stift/ [15.10.24]

https://www.campus-schulmanagement.de/magazin/wie-man-im-unterricht-aus-fehlern-lernen-kann [30.10.2024]

https://www.friedrich-verlag.de/friedrich-plus/sekundarstufe/englisch/wortschatz-grammatik/fehler-fuer-den-lernprozess-nutzen/ [04.01.2025]

https://www.klett-sprachen.de/downloads/22187/Klett_5FTipps_5F67_3A_5FWer_5Fschweigt_2C_5Fmacht_5Fkeine_5FFehler/pdf?srsltid=AfmBOooSqnW4hcfW9hjE-7UphJ06GUVjud76R_wcuTux4cyRatXJZF73 [04.01.2025]

https://www.lehrplanplus.bayern.de/bildungs-und-erziehungsauftrag/mittelschule [22.10.24]

https://www.mueller-paedagogik.de/index.php/aktuelles/222-fehlerfreundliche-kultur [15.10.24]

https://www.um.edu.mt/library/oar/bitstream/123456789/51823/1/Education2%281%29A6.pdf [31.10.2024]

https://wolfmate.de/menschliche-fehler-human-error/ [13.05.2025]

https://www.sdkrashen.com/content/books/principles_and_practice.pdf [04.01.2025]: Krashen, Stephen D. (1982): Principles and Practice in Second Language Acquisition, University of Southern California

Reason, James (1990): Human Error. Cambridge, MA: Cambridge University Press

Wilson, Graham (2009): Errors and their Correction, Reading Text 6N, Seminar: Introduction to English Language Learning and Teaching, Otto-Friedrich-Universität Bamberg

Abbildungen und Illustrationen © ISB, erstellt mit KI am 06.04.2025