Fallbeispiel Englisch: Lernwirksam unterrichten durch abwechslungsreiche Lehr- und Lernmethoden
Der Fremdsprachenunterricht bietet vielfältige Möglichkeiten, mit abwechslungsreichen Methoden schülernah und motivierend zu unterrichten. Dazu gehören Medien- und Textsortenvariabilität, unterschiedliche Sozialformen und abwechslungsreiche Vermittlungs- und Lernmethoden. Dabei steht vor allem der Erwerb der kommunikativen Kompetenz im Vordergrund. Wie dies im Fach Englisch umsetzbar ist, erfahren Sie in diesem Beitrag.
Lehr- und Lernmethoden für die Erlangung der Sprechkompetenz
Wie bereits Dr. Margitta Kuty feststellte, bringt zu lange andauernder Frontalunterricht die Lernenden in eine rezeptive Haltung, die als demotivierend empfunden wird. Die Praxiserfahrungen zahlreicher Lehrkräfte bestätigt dies. Um einen motivierenden Englischunterricht zu gestalten, steht eine große Anzahl verschiedenster Methoden zur Verfügung.
1. Wechselnde Sozialformen
Wechseln sich Sozialformen, wie z. B. Partnerarbeit, Gruppenarbeit, die Arbeit im Plenum oder in offenen Unterrichtskonzepten (Lernen an Stationen, Freiarbeit, Lernwerkstatt, LdL), mit gezielt eingesetzten Entspannungsphasen, gamification oder Quizveranstaltungen ab, kommt keine Langeweile auf und alle Schülerinnen und Schüler haben Freude am Lernen.
2. Abwechslungsreiche classroom-activities
Ein Wechsel der Tätigkeiten oder eine Änderung der Sitzordnung (z. B. Erzählkreis, Kinositz) wirken sich motivierend aus. Für Abwechslung sorgen lesen, hören, singen, sprechen, spielen, Umfragen durchführen, Partner interviewen, einen Gast befragen, ein Kreuzworträtsel lösen, Ratespiele durchführen, Realien beschreiben, ein Idol oder Computerspiele vorstellen.
3. Authentische Texte authentisch auswerten
Authentische Texte wirken weitaus ansprechender und motivierender auf die Schülerschaft im Vergleich zu Lehrwerkstexten. Dabei ist jedoch zu beachten, dass diese nicht nur alters- und zielgruppengerecht ausgewählt, sondern auch mit authentischen Aufgaben kombiniert werden. Wird bspw. ein authentischer Wetterbericht gehört, ist nicht das Ziel, die Zukunftsformen zu notieren und anschließend eine Zusammenfassung zu schreiben.
4. Anwendungsorientierte Redemittel
Eine kommunikationsrelevante Aufarbeitung der zu erlernenden Redemittel ist notwendig, da man zur Konversation u.a. Fragen, Antworten, Kurzantworten, Aussagen, Ellipsen und andere pragmatische Kurzformen benötigt. Die Schülerinnen und Schüler erlernen die nötigen Grundlagen, um in authentischen Situationen agieren und kommunizieren zu können. Die Redemittel können in Heften / Tabellen / wordbanks schriftlich festgehalten und auch im Klassenzimmer visualisiert werden.
5. Unterstützung durch Körpersprache
Zur gesprochenen Sprache gehören auch Elemente der nonverbalen Kommunikation wie Mimik, Gestik und Körpersprache. Diese dürfen nicht außer Acht gelassen werden - weder durch die Lehrkraft noch beim Sprechen durch die Schülerinnen und Schüler. Diese Kommunikationselemente fungieren unter anderem als bypassing strategies, welche helfen, die Kommunikation aufrecht zu erhalten, sollte der aktive Wortschatz der Schülerinnen und Schüler in einer Kommunikationssituation nicht ausreichen.
6. Humor
Um eine monotone und reizarme Lernsituation zu vermeiden, dient der gezielte Einsatz von Humor, da Gefühlsregungen und Stimmungen die Handlungsbereitschaft eines Menschen ganz erheblich beeinflussen. Das Erzählen von Witzen, Visualisieren von Redemitteln durch Cartoons, skurrile Geschichten usw. bringen Abwechslung in das Unterrichtsgeschehen und tragen positiv zur Verinnerlichung und zum situations- und bedarfsgerechten Abrufen der Redemittel bei.
7. Lernen lernen
Lernerautonomie ist eine Forderung, die die Rolle der Lehrkraft verändert. Die Lehrerin / der Lehrer zeigt sich als Beraterin/Berater und Organisatorin/Organisator von Lernprozessen. Sie / er erläutert, wie man unterschiedliche Lernstrategien erfolgreich einsetzt, Quellen effektiv nutzt, sein Wissen verwaltet, alternative Lernwege beschreitet und eigene Leistungen einschätzt. Dies ist gerade in den immer heterogener werdenden Schulklassen zunehmend wichtig, um alle Lernenden erfolgreich am Unterricht teilhaben zu lassen.
8. Ergebnisse veröffentlichen
Lernzuwachs zeigt sich auch in der Dokumentation der Unterrichts- und Lernergebnisse nach außen. So können durch Ausstellungen, gallery walks, Präsentationen, Gestaltung von Vitrinen etc. die erarbeiteten Fähigkeiten, Inhalte und Kompetenzen der Umwelt zugänglich gemacht werden. Dies motiviert, spiegelt Wertschätzung wider und macht die Lernenden und ggf. auch die Erziehungsberechtigten stolz.
9. Darbietender Unterricht
Die Lehrkraft vermittelt einen zuvor definierten Lehrstoff in klar strukturierten und aufeinander aufbauenden Teilen. Dadurch wird der Aneignungs- und Verstehensprozess erleichtert. Die Darbietung kann nonverbal oder verbal erfolgen: Erzählung und Vortrag durch die Lehrkraft; vorbildhafte Darstellung durch die Lehrkraft; Beschreibung bzw. Erklärung.
Einsatzmöglichkeiten:
Hintergrund- und Zusatzinformationen; auf eine Thematik einstimmen; Dinge erneut erklären, die noch nicht verstanden wurden; Ausgangslage für weitere Arbeitsschritte; Vermittlung von grammatischen Strukturen; Aussprachetraining; etc.
10. Erarbeitender Unterricht
Die Lehrkraft initiiert eine Problemlösesituation, von der aus die Schülerinnen und Schüler – durch Impulse ausgelöst – eigenaktiv arbeiten. Nach dem Zusammentragen aller Arbeitsergebnisse führt der erarbeitende Unterricht zum Zuwachs an Kenntnissen, Fertigkeiten, Fähigkeiten und Einstellungen.
Der Arbeitsweg der Schülerinnen und Schüler ist durch die Lehrkraft sehr gezielt zu planen. Ein zentraler Aspekt ist das Unterrichtsgespräch.
11. Entdeckendes Lernen
Die Lehrkraft bietet Aufgabenstellungen, welche die Schülerinnen und Schüler selbstständig bearbeiten. Bei dieser Methode zur Wissensaneignung geht es darum, dass den Lernenden die Möglichkeit zum Entdecken der Umwelt gegeben wird. Sie werden zu Forschern. Die von ihnen gemachten Erfahrungen festigen das Selbstwertgefühl und das für sie brauchbare Wissen. Darüber hinaus erwerben sie wichtige Techniken des Lernens, z. B. Erkennen von Funktion und Form einer neuen grammatischen Struktur in einem unbekannten Text.
12. Offene Lernformen
Die Lehrerin / der Lehrer öffnet hier den Unterricht um hohe Eigenaktivität und selbstständiges Lernen anzuregen, wobei der Grad der Öffnung variabel ist. Die Lehrkraft nimmt dabei die Position einer Moderatorin / eines Moderators ein. Den Schülerinnen und Schülern ermöglicht dies Eigenverantwortung, einen größeren Handlungsspielraum, Entscheidungsmöglichkeiten, Differenzierung und Individualisierung, Authentizität, Handlungsorientierung und Lernen mit modernen Medien und hoher Alltagswirklichkeit.
Lehrkraft und Lernende wählen idealerweise gemeinsam Unterrichtsinhalte aus, planen und gestalten auch den Unterricht selbst möglichst gemeinsam, z. B. durch Lernen an Stationen; Wochenplanarbeit; Freiarbeit; Projektarbeit.
13. Lernen und Lehren
Die Lehrkraft initiiert Lernsituationen, in denen die Schülerinnen und Schüler die Inhalte, allein oder in Gruppen, selbst erarbeiten und diese den Mitschülerinnen/Mitschülern interessen- und altersgerecht präsentieren. Sie versuchen, durch selbst gestellte Aufgaben, Übungen, Aktivitäten und Tests für Lernzuwachs auf Augenhöhe in Peer-Groups zu sorgen.
Aus der Praxis für die Praxis: „Excuse me, how do I get to Big Ben?”
Unterrichtstunden im Fach Englisch mit hohem Sprechanteil für die Schülerinnen und Schüler selbst zu gestalten, stellt die Lehrkraft oftmals vor eine große Herausforderung. Wie die Methoden schülerorientiert und motivierend in eine Unterrichtstunde mit hohem Sprechanteil und vielfältiger Aktivierung der Lernenden eingebunden werden können, zeigt das im Folgenden zum Download bereitstehende Praxisbeispiel Excuse me, how do I get to Big Ben? Kerninhalt des Unterrichtsbeispiels ist die Thematik „Wegbeschreibung“ in der 6. Jahrgangsstufe.
TOOLBOX: Beispiele für wirksame Lehr- und Lernmethoden
De Florio-Hansen, I. (2022): Lehr- und Lernmethoden im Fremdsprachenunterricht, Ein Handbuch für Lehrkräfte mit ausgearbeiteten Beispielen für Englisch und Französisch, ibidem-Verlag
Gilmore, B. / Goldberg, G. (2023): Active Learning: 40 Teaching Methods to Engage Students in Every Class and Every Subject, Grades 6-12, Corwin Teaching Essentials, Corwin-Verlag
Timm, J.-P. (Hrsg.) (1998): Englisch lernen und lehren, Didaktik des Englischunterrichts, Cornelsen Verlag